Ein Schreckgespenst ist wieder da: Die Inflation hat Deutschland und die Welt erfasst. Ein Preisanstieg von 7,4% im April, das ist etwas, das man hierzulande seit vier Jahrzehnten nicht gesehen hat. Selbst Fünfzigjährige kennen das nicht, weil sie sich damals als Kinder nicht darum sorgen mussten.
Auch anderswo sieht es nicht besser aus. In der EU insgesamt stiegen die Preise im April um 8,1%, wobei Estland der absolute Spitzenreiter ist. Dort liegt die Inflationsrate aktuell bei unfassbaren 19,1%! In den USA gab es gegenüber März zwar einen leichten Rückgang, aber 8,3% sind immer noch heftig, und selbst Japan, das seit Jahrzehnten nahezu vergeblich unbedingt Inflation erreichen wollte, hat es nun auf 2,5% gebracht.
Insbesondere die Energiekosten sind explodiert. Seit dem offenen Kriegsausbruch in der Ukraine kommen steigende Nahrungsmittelpreise hinzu. Ohne diese beiden Sektoren liegt die deutsche Inflationsrate halb so hoch, nämlich bei "nur" 3,8%.
Die direkten Folgen der Inflation spürt jeder von uns quasi täglich im Geldbeutel. Etwas verzögert können die höheren Preise zu höheren Lohnforderungen führen und, wenn diese durchgesetzt werden, die gefürchtete Lohn-Preis-Spirale in Gang setzen. Dabei schaukeln sich beide durch Rückkopplung gegenseitig hoch.
Wenn die Menschen ihr Geld aufgrund der Entwertung nicht mehr auf dem Konto, Sparbuch & Co. liegen lassen, sondern ausgeben, können sie ebenfalls die Preise weiter anheizen. Fehlen Banken und Sparkassen die Einlagen, kann dies wiederum zu eingeschränkter Kreditvergabe führen mit der Folge von weniger Investitionen und potentiell steigender Arbeitslosigkeit. Hohe Inflation hat also viele mögliche negative Auswirkungen.
Helfen die Notenbanken?
Das klassische Mittel der Notenbanken, die für Geldwertstabilität sorgen sollen, ist die Anhebung der Zinsen. Das passiert zwar in manchen Ländern wie den USA bereits. In der EU könnte dies in der zweiten Jahreshälfte ebenfalls anstehen. Doch ist fraglich, ob dieser Hebel wirkt. Denn Grund des Preisanstiegs ist ja nicht eine boomende Nachfrage, die man dämpfen müsste, sondern das Verhältnis von Angebot und Nachfrage ist angebotsseitig aus mehreren Gründen aus dem Gleichgewicht geraten.
Da ist der russische Krieg, der nach acht Jahren nun offen geführt wird und massiv ausgeweitet wurde und Energie und Nahrungsmittel verteuert. Er trifft auf bereits zuvor durch die Pandemie gestörte globale Warenströme. Und mit den aktuellen Corona-Lockdowns in China ist leider keine Entspannung, sondern sogar eine weitere Verschärfung zu erwarten. Selbst wenn dort wieder alle ihrer Arbeit nachgehen können, wird es Monate dauern, bis alleine die Ladung von hunderten von Schiffen vor Schanghai ihren Weg fortsetzen und ihr Ziel erreichen kann.
Eine Zinsanhebung kann all dies nicht beseitigen. Vielmehr würden Probleme sogar verschärft. Die Staatsschulden sind nach Finanz- und Coronakrise in vielen Ländern auf einem nur mit Mini-Zinsen erträglichen Niveau angekommen. Selbst das „solide“ Deutschland hatte schon 2021 coronabedingt wieder Schulden in Höhe von fast 70% seines Bruttoinlandsprodukts – zehn Prozentpunkte mehr als nach den Maastricht-Kriterien zur Euro-Einführung erlaubt sind.
Daher dürfte es in Europa keine massive Zinsanhebung geben. Zumal die EZB in 2021 ihr Inflationsziel geändert hat. War bis dahin ein Wert „unter, aber nahe 2%“ die Vorgabe, so sind nun zwei Prozent das Ziel. Außerdem, und das ist wesentlich, darf dieses Ziel sozusagen atmen: Ein Überschreiten fordert nicht automatisch und zeitnah ein Eingreifen. Da wir jahrelang oft deutlich unter 2% Inflation hatten, dürfte nun eine Phase kommen, in der wir die Zwei länger von oben sehen.
Für Sparer, Anleger und Altersvorsorger hat dies Konsequenzen. Zum einen tut es nun richtig weh, Geld auf dem Sparbuch, Tagesgeldkonto oder unter dem Kopfkissen zu „parken“. Man kann richtig zusehen, wie es an Wert verliert.
Doch auch bei einer leichten Zinsanhebung in Euroland wir die Realrendite in vielen Fällen negativ bleiben: Die Inflationsrate liegt über dem Zins. Man hat zwar dank Zinsgutschrift ein kleines Plus auf dem Kontoauszug, aber damit kann man sich weniger kaufen als ein Jahr zuvor.
Auch klassische Lebensversicherungen werden weiterhin keine guten Erträge abwerfen. Glücklich können sich jene schätzen, die etwa alte Verträge mit 4% Garantieverzinsung haben. Doch mehr als das wird es da auch weiterhin nicht geben. Aus den einst oben drauf erwarteten Überschüssen wird weiterhin nichts werden. Alle, die weniger Zinsen erhalten, werden ihre Ziele ebenfalls weit verfehlen und müssen dringend ihre Planung überarbeiten.
Was tun?
Womit wir beim Kern der Sache wären: Was ist zu tun? Jeder, der ohne Plan „so vor sich hin spart“, ist gut beraten, zu prüfen, ob die bisher gewählten Anlagen in der neuen Ära sinnvoll sind. Leider waren sie das oft bereits in den letzten Jahren nicht. Umso mehr sollte die aktuelle Lage ein Weckruf sein, sich mit seinen Ersparnissen zu beschäftigen und ein System dafür zu entwerfen.
Alle, die auf ein festes Ziel sparen, müssen neu rechnen. Wenn z. B. in zehn Jahren eine Summe Eigenkapital für einen Immobilienkauf zur Verfügung stehen soll ebenso wie im Falle einer auskömmlichen Altersversorgung.
Wer zum Beispiel in 20 Jahren 2.000 € Monatsrente heutiger Kaufkraft haben möchte, braucht bei 1% Inflation dann monatlich 2.440 €. Bei 2% hingegen sind 2.970 €, bei 3% 3.610 € erforderlich, um sich damit das zu leisten, was heute 2.000 € möglich machen.
Dies zu erreichen ist möglich durch eine höhere Sparrate, durch eine höhere Rendite oder durch eine Kombination von beidem. Glücklicherweise ist nicht jede Anlage gleich von Inflation betroffen. Mit einer geschickten Gestaltung können Sie den aktuellen und künftigen Herausforderungen flexibel begegnen.
Termin vereinbaren Ihre Nachricht an mich Anrufen Weitersagen